Freitag, 21. März 2014

Usakos bis Farm Liebenwerda



Sa  -  15.03.2014
Libertas Farm
Gegen 9:30 Uhr brechen wir auf, es sind zwar nur ca. 250 km, aber wir wollen Nebenstraßen fahren und können noch nicht einschätzen, ob wir alle Flüsse überqueren können. Zuerst fahren wir westlich des Erongogebirges Richtung Okombahe am Omaruru River. Der Omaruru ist geflossen, jetzt aber schon wieder trocken. Es gibt einen neueren zementierten Causeway, finanziert von der EU. Weiter nach Norden Richtung Ugab River. Wir haben Glück, fahren zwar ein paar Mal durch Schauer, aber die Pisten sind trocken. Wenn die Sonne herauskommt, sticht sie ganz ordentlich. Die dunklen Regenwolken bleiben im Osten von uns. Wir fahren durch Communal Area, hier gibt es keine weißen Farmen. Ganz plötzlich geht die Landschaft in Mopanewald über. Die Piste endet an einer großen Internatsschule im Busch. Dahinter bleibt nur ein Buschtrack übrig, der über steile Bachfurten führt, das geht nur langsam und nicht ohne 4x4. Das geht 10 km so, dann stoßen wir wieder auf eine normale Schotterstraße. Auch der Ugab ist geflossen, aber jetzt trocken. Nach dem Fluss fahren wir an der Vingerklip vorbei, einem großen Felsmonolith. Kurz danach kommen wir in den Regen, der zu einem richtigen Wolkenbruch wird, als wir die Teerstraße von Outjo nach Khorixas erreichen. 10 km weiter erreichen wir den Abzweig zur Libertas Farm. Wir hatten uns gestern telefonisch gemeldet, der Chef wohnt in Walvis Bay, wollte aber seinem Personal Bescheid geben. Das Problem ist nur, dass die 11 km lange Zufahrt über Farmwege zu einem Fluss geworden ist. Die Telefonverbindung ist so schlecht, dass wir den Besitzer nicht sprechen können. Wir halten eine Krisensitzung über das weitere Vorgehen, schließlich schalten wir den 4x4 ein, und Beatrix fährt im „Fluss“. Zum Glück ist der Untergrund relativ steinig, so dass wir nicht steckenbleiben. Bei einem anderen Boden wäre es nicht gegangen. Die Farm ist zwar theoretisch ein Gästebetrieb, aber wir stellen schnell fest, dass sich hierher selten normale Touristen verirren, vielleicht eher Freunde und ab und zu Jäger. Es ist alles etwas heruntergekommen bzw. hat den „burischen“ Charme. Die paar schwarzen Arbeiter sprechen auch nur schlecht englisch, und eine Hütte ist auch nicht vorbereitet. Wir rufen den Besitzer nochmal an, und schließlich nutzen wir das noch am besten ausgestattete Chalet und stellen das Auto daneben. Das Gewitter ist inzwischen abgezogen, und es sieht so aus, dass es trocken bleiben könnte. So stellen wir das Zelt auf und schlafen auch darin, die Temperatur ist angenehm. Die Hütte ist nicht so einladend, dass wir darin schlafen wollen. Aber es gibt eine überdachte Veranda, so ist der Abend noch ganz in Ordnung, abgesehen von den vielen Fliegen, die uns an Australien erinnern, und der lauten Discomusik, die von Personal her schallt. Es gibt ein Sammelsurium von Gebäuden, eine Bar, ein Küchenhäuschen, das aber verschlossen ist, eine überdachte Lapa und Gehege mit Warzenschweinen, Hängebauchschweinen, Schafen, Ziegen, Hühnern etc.. Emus, Strauße und Pfaue laufen herum. 

Ein sehr spezielles Bar-Utensil zum Einfüllen des Schnapsglases

Ein sehr afrikanisches Tier


So  -  16.03.2014
Liebenwerda Farm
Es bleibt nachts trocken, und bald wird es sonnig. Wir müssen nur warten, bis die Zeltplane getrocknet ist, sie ist ganz feucht vom Tau. Am späten Vormittag fahren wir zurück zur Hauptstraße, die Piste hat immer noch viele Pfützen und Wasserlöcher, der Schlamm spritzt das Auto voll. Erstaunlich, dass wir gestern herfahren konnten. Zur Liebenwerda-Abzweigung sind es auf der Hauptstraße nur noch 20 km nach Osten. Wir telefonieren mit Rainer Hillig, dem Besitzer, er fährt uns auf der Farm ein Stück mit dem Quadbike entgegen. Es geht 12 km in die Berge, eine Holperpiste, die man nicht unbedingt jeden Tag fahren will, im unteren Teil ist sie vom vielen Regen auch noch ziemlich schlammig. Die Hilligs besitzen die Farm seit 15 Jahren, sie haben aber einen namibischen Partner (oder Strohmann, sie bestimmen jedenfalls, was passiert). Farmen können ja nicht ohne weiteres an Ausländer verkauft werden. Sie sind passionierte Tierschützer, so ist hier alles Mögliche versammelt, 17 Hunde aus dem Otjiwarongo-Tierheim, diverse Katzen, drei Warzenschweine, ein Ducker, ein Steinböckchen, zwei Paviane, fünf Stachelschweine, Pythons, Papageien, Gänse, Hühner, Pfaue, Truthähne, Schafe, Ziegen, Esel, Pferde, Dromedare, einige Rinder, usw. – ein richtiger Zoo. 


Außerdem noch die Wildtiere auf der Farm, Oryx, Zebras, Giraffen, Gnus, Elenantilopen. Gejagt wird nur im Notfall, nicht für Fleischerzeugung. Die Farm ist „offen“, hat also keinen Wildzaun, der so hoch ist, dass Tiere ihn nicht mehr überwinden können. Deswegen ziehen auch manchmal Elefanten aus der Etosha durch, die meistens die Zäune geschickt übersteigen. Es war auch schon mal ein Löwe sechs Wochen auf der Farm, der wurde dann betäubt und weggebracht. Wenn er auf die umliegenden Rinderfarmen gegangen wäre, wäre er erschossen worden. Wir wohnen im alten Farmhaus mit zwei Hunden, die sind zum Glück halbwegs gut erzogen, so dass das schon ok ist. Hunde riechen halt immer etwas. Das Farmhaus ist alt, hat aber eine schöne Terrasse, überdeckt von einem Reetdach, so dass sie schattig und trocken ist. 




Von der Terrasse kann man Nektarvögeln zusehen, und in einem Baum hängt ein Futterhäuschen, zu dem auch Baumhörnchen kommen.  


 Es gibt allerdings Buschmoskitos, die sich nicht an die Dämmerung halten, sondern tagsüber aktiv sind. Das Wetter ist wie schon seit Wochen im Landesinneren sehr unstabil, am Nachmittag bilden sich Gewitter um uns herum, am Abend und in der Nacht regnet es. In Usakos war das anders, der Ort liegt nahe genug an der trockenen Namib, da hatten wir eine Woche lang Sonne. Wir hatten zwei Tage Vollpension vereinbart, am Dienstag werden wir zum Einkaufen nach Outjo fahren und uns selbst verpflegen. Beim Abendessen unterhalten wir uns über die üblichen Themen, vor allem Personal und Politik.

Mo  -  17.03.2014
Liebenwerda Farm
Morgens ist es bewölkt, und gegen 9 Uhr setzt ein Landregen ein, der bis über Mittag anhält. Rainer erzählt, dass das erst seit ein paar Jahren so ist, vorher waren es immer nur kurze Starkregen. Es ist zwar gut, dass wir ein Dach über dem Kopf haben, aber etwas schöner könnte es schon sein, besonders bei dem ungewöhnlichen Frühsommer in Deutschland, wir wollten eigentlich nur dem Spätwinter entfliehen. Nachmittags wird es etwas schöner, Manfred baut die Reling an den Dachgepäckträger an, die wir aus Deutschland mitgebracht haben. Beim Abendessen bittet uns Rainer, dass wir morgen in Otjiwarongo statt in Outjo einkaufen sollen, weil wir dort Brigitte in der MediClinic abliefern sollen, sie hat einen Arzttermin, weil sie beständig hustet und auch sonst in einem schlechten Zustand ist (laut Rainer zu viele Zigaretten und zu viel Alkohol). Wir nehmen auch eine Einkaufsliste von ihnen mit.

Di  -  18.03.2014
Liebenwerda Farm
Viertel vor 9 Uhr fahren wir los und sind kurz nach 11 Uhr in Otjiwarongo, wo wir Brigitte erst mal in der MediClinic abliefern. Wir kaufen im Spar ein und erfahren dann übers Handy, dass Brigitte gleich im Krankenhaus behalten wird. Wir fahren nochmal hin, weil sie nichts für einen Krankenhausaufenthalt dabei hat, klären, was sie braucht, und kaufen dann das Gewünschte für sie ein.
Auf dem Rückweg lassen wir in Outjo an der Tankstelle die Radkästen mit dem Hochdruckreiniger abspritzen, die Sand/Lehm-Mischung der letzten Tage geht mit einem Schlauch oder mechanisch überhaupt nicht ab, sie wird fest wie Stein. Nach 16 Uhr sind wir zurück und brauchen erst mal ein einen Kaffee, ein Teilchen und eine Dusche. Abends gibt es kaltes Huhn vom Supermarkt.

Mi  -  19.03.2014
Liebenwerda Farm
Beim Frühstück fressen zwei Dromedare an den Büschen vor dem Haus. Danach machen wir eine Wanderung von einer Stunde hoch zur „Chinesischen Mauer“, einem steinigen Hügelrücken, an dem sich ein Weg entlang zieht. Überall grüner Busch, oft ziemlich undurchdringlich. 


Große Raupe

Durch die letzten Regen gibt es sogar Schnecken und Pilze. Die Topfpflanzen werden (vom Gärtner und vom Regen) so gut gewässert, dass immer die Töpfe und/oder die Untersetzer voll Wasser stehen. Wir sehen viele Larven darin schwimmen und befürchten, dass es Moskitolarven sind, deswegen leeren wir immer wieder das stehende Wasser aus. Trotz der Nässer kommt vormittags der Gärtner und sprengt das hohe Gras und füllt die Topfpflanzen wieder auf.
Gegen Mittag fährt Manfred mit Rainer eine Runde auf dem Quadbike. Das ist ganz interessant, es ist unglaublich, wie so ein Quad über Stock und Stein fahren kann. Auf einer Holperpiste, wo ein Auto nur im Schritttempo fahren kann, fährt das Quad mit 20 km/h. Man sollte allerdings keine Nierensteine haben, die losgeschüttelt werden können. Rainer fährt einige Wasserstellen ab, bringt einige Salzlecksteine für das Wild aus und schaut, ob die Solarpumpen ok sind. Solarmodule für Pumpen werden nämlich gerne gestohlen. Abends gibt’s Bratwurst, gut gewürzt, die wir eingewickelt in Roti-Fladen essen, die gibt es tatsächlich in besseren Supermärkten. Die Buschmoskitos sind tagaktiv und verschwinden glücklicherweise abends. Das ist einerseits gut, weil man sie in der Dunkelheit nicht sieht, andererseits schlecht, weil man tagsüber nicht so viel Kleidung anhaben will.

Do  -  20.03.2014
Liebenwerda Farm
Nach dem Frühstück wandern wir zur „Heidelberger Hütte“, einem Häuschen gebaut aus groben Steinen mit begehbarem Dach, auf dem höchsten Punkt eines Hügelrückens. 
 
"Heidelberger Hütte"
Weiter Blick über das Buschland, das hier mehr ein Waldland ist. Im Norden kann man bis zu den Hügelketten sehen, die die Südgrenze des Etosha Parks bilden.
Die beiden Hunde, die zum Gästehaus gehören, halten sich immer im Haus oder auf der Terrasse auf. Die meisten Sessel im Wohnzimmer sind von ihnen zerfleddert. Zum Füttern kommt zweimal täglich der Chef vorbei. Wenn wir kochen, stehen sie erwartungsvoll in der Küche im Weg herum. Beim Essen sitzen sie mit hungrigen Blicken neben dem Tisch und verbreiten einen ausgeprägten Hundegeruch. Der eine der beiden ist schon sehr alt und kratzt sich fast die ganze Zeit, außer wenn er im Sessel schläft. Er kratzt sich über und über mit Zähnen und Pfoten und schnauft und stöhnt dabei. Er tut uns sehr leid, aber der Chef meint, dass er wegen des trockenen Klimas wahrscheinlich ein Ekzem hat, und dass das normal ist.
Traurig ist, als ein Goldkuckuck – der ein schönes grün-weißes Gefieder hat - gegen die Terrassentür fliegt und sich das Genick bricht. Der Chef nimmt ihn später mit, um ihn an eine der Pythons zu verfüttern.
Goldkuckuck
Das Haus ist schon sehr alt – ein großer Kontrast zu unserer letzten schicken Wohnung. Schön ist, dass es geräumig ist und ein hohes Reetdach hat, dadurch heizt es sich nicht so auf. Es ist aber etwas schmuddelig und ungepflegt. Bei Regen tropft Wasser an einer Stelle in der Küche durch die Decke; wir stellen einen Eimer darunter. Wir hatten aber nur eine „Flattie“ im Haus, eine der großen Spinnen. Vielleicht liegt es daran, dass so viele Geckos darin leben. Viele Stellen sind übersät mit Gecko-Dung. Die Terrassentür bleibt wegen der Hunde immer offen stehen, auch nachts. Unter dem Dach im Wohnzimmer wohnen Fledermäuse. An vielen Ecken haben Wespen ihre Nester aus Lehm gebaut. Einige Glastüren sind übersät mit Hunderten kleiner Mücken.

Das Internet kommt über eine Satellitenschüssel zum Haupthaus, wo es WLAN gibt, das aber nicht zum Gästehaus reicht. Es gibt vom Haupthaus ein Ethernetkabel bis zum Gästehaus, aber es wird leider nicht erkannt, vielleicht ist es irgendwo unterbrochen oder angefressen worden. So ist unser Internetzugang leider etwas limitiert.

Wir haben eine andere Vorstellung von Tierschutz und Tierhaltung. Wir würden keine Paviane im Käfig halten, und auch einige der anderen Tiere in so kleinen Gehegen nicht. Ob sie damit wirklich ein lebenswertes Leben führen, bezweifeln wir. Es gibt auch zu viele Tiere hier, und wir meinen, dass damit automatisch das Individuum zu kurz kommt. Natürlich ist uns klar, dass die Alternative oft nur das Einschläfern wäre, aber so wie es ist, sehen wir es jedenfalls zwiespältig.

Rainer ist ein „Selfmade-Man“, er war schon bei der Handelsmarine, hatte in der Nürnberger Gegend mehrere Hotels und Gaststätten besessen, dabei nebenbei Biologie studiert, einige Jahre bei Nestle in der Forschung gearbeitet, ein Jahr McDonald‘s in Moskau aufgebaut, war bei Club Med Golflehrer, und hat auch noch ein Pflegeheim betrieben. Er ist zweimal bei Paris-Dakkar mitgefahren und jahrelang in der Sahara urlaubsmäßig unterwegs gewesen, bis das wegen des Terrorismus nicht mehr ging. Jetzt farmt er in Namibia. Wir sind baff, was man alles machen kann, wir hätten da viel zu viel Skrupel.

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